Zukunftsstadt Dresden
Von 2015 bis 2018 haben wir in Dresden einen Bürgerbeteiligungsprozess erdacht und erprobt, der aus Dresden eine nachhaltige Zukunftsstadt machen soll. In Phase 1 und 2 sollten die BürgerInnen Visionen ihrer Zukunftsstadt und Umsetzungspläne erdenken, in Phase 3 sollen sie ihre Pläne in Form eines Reallabors tatsächlich umsetzen. Es ist uns gelungen, Dresden als größte Stadt des Zukunftsstadt-Städtewettbewerbes ins Finale zu führen. Mehrere hundert Teilnehmer, 100 Projektideen, 25 Projektpläne und 8 in Umsetzung befindliche Bürgerprojekte sind das Zwischenergebnis. Hinzu kommt ein erprobtes Bürgerbeteiligungsverfahren mit wertvollen Erfahrungen.
Phase I: Visionieren
Die Aufgabe der 1. Zukunftsstadt-Phase bestand darin, bürgerbeteiligt zu einer visuellen Darstellung einer Zukunftsvision zu kommen. Diese Aufgabe übersetzten wir so, dass wir die BürgerInnen selbst zeichnen ließen: Wenn es Ziel sei, zu Visualisierungen zu kommen, wieso sollten die Bürger also nicht gleich selbst visuell arbeiten? Wir erarbeiteten ein Arbeitsmaterial „Visionsblatt“ und ein Workshop-Format „Zukunftsspinnerei“ und organisierten über 20 Workshops im Herbst 2015. Über 70 Visionsblätter und zahlreichen weiteren Input verarbeiteten wir zu einem auf andere Städte übertragbaren 5-Ebenen-Zukunftsbild. Und wir lernten: Keine Veranstaltungen ohne Partnerorganisationen! Denn das sorgt für volles Haus und breites Publikum.
Phase II: Planen
Die 2. Zukunftsstadt-Phase sollte Umsetzungspläne hervorbringen, also die Frage beantworten: Wie kommt man vom Heute zur Zukunftsstadt, die im Zukunftsbild beschrieben ist? Für uns war klar: da sich das Zukunftsbild aus vielen Einzelbildern zusammensetzte, sollte sich die Zukunftsstadt aus vielen Einzelprojekten entfalten. Und es war auch klar: Diese Projekte kann nicht die Stadtverwaltung umsetzen. Die Bürger selbst müssen ihre Projektideen umsetzen, denn es macht wenig Sinn, eine Vielzahl von Projekten bei einer ausgelasteten Stadtverwaltung abzukippen.
Daher boten wir eine Serie von Workshops an, die die BürgerInnen befähigen sollten, Projekte zu planen und dann auch umzusetzen. Workshops zur Ideenfindung, zur Teambildung, zur Planung von Maßnahmen, Arbeitspaketen und Zeitplan, Workshops zur Finanzplanung. Zu den meisten Workshops entwickelten wir erneut passende Arbeitsblätter und Workshop-Formate: wir wollten das Verfahren skalierbar halten, wollten sowohl mit 6 aber auch mit 60 oder 600 Leuten im Workshop arbeiten können und das ging nur, wenn man die Workshop-Logik in Arbeitsblätter gießt, damit die Teilnehmer möglichst selbständig in ihren kleinen Gruppen arbeiten können.
Aus 100 Projektideen (gesammelt in einem Projektkatalog) entstanden 25 umsetzungsreife Projektpläne. Um auszuwählen, welche davon gefördert werden sollten, entwickelten wir ein Jury-Verfahren, das die Projekte nach Realisierbarkeit, Nachhaltigkeitswirkung und Erkenntnispotenzial bewertete. 6 Projekte wurden durch die Jury ausgewählt und 600.000 € Forschungsgelder dafür vorgesehen. 2 weitere Projekte wurden durch ein Online-Voting ausgewählt und 200.000 € Eigenmittel der Landeshauptstadt Dresden dafür ausgegeben.
Mit 8 Bürgerprojekten und 2 zusätzlichen Verwaltungsprojekten, die wir zu einem Reallabor verbanden, bewarben wir uns auf die 3. Phase des Zukunftsstadt-Städtewettbewerbs. 2 Millionen Euro beantragten wir, wovon seit 2019 50% in die wissenschaftliche Begleitforschung und 50% in Bürgerprojekte und Prozessumsetzung gehen.
Parallel liefen Diskursveranstaltungen, die externe Perspektiven nach Dresden holen sollten. Unter dem Slogan „Zurück oder Zukunft“ begleiteten sie den Prozess und sind auch online abrufbar.
Phase III: Umsetzen
Von Herbst 2019 bis Ende 2022 lief die Umsetzungsphase: 8 Bürgerteams setzten ihre Projektideen um. Die wissenschaftliche Begleitung sorgt für verallgemeinerbare Erkenntnisse. Gelernt werden darf unter anderem, wie kleine zivilgesellschaftliche Trägerorganisationen größere Stadtentwicklungs-Projekte umsetzen, welche Nachhaltigkeitswirkung erzielt wird, wie die Projektteams sich organisieren und entwickeln. Das Ergebnis sind zahlreiche projektspezifische Wirkungen in die Dresdner Stadtgesellschaft, aber auch ein WerkStadtKoffer, der die Ergebnisse für interessierte Kommunalverwaltungen, WissenschaftlerInnen, Unternehmen und zivilgesellschaftliche Akteure aufbereitet.
Übertragbarkeit und Software
Von Anfang an haben wir darauf geachtet, unser Beteiligungsverfahren übertragbar zu machen: für andere Stadtteile, für andere Städte und Gemeinden, für andere Kontexte. Daher sind wiederverwendbare Arbeitsmaterialien entstanden, übertragbare und skalierbare Veranstaltungskonzepte, aber auch die Erfahrung, dass man eigentlich 4 Leute in einem Team für Bürgerbeteiligungsprojekte braucht: Projektleiter, Veranstaltungsmanager, Öffentlichkeitsarbeiter, Communitymanager.
Um das Verfahren besser auf andere Gemeinden übertragen zu können und noch mehr BürgerInnen einzubinden, haben wir begonnen, das Dresdner Zukunftsstadt-Verfahren in einer Online-Software abzubilden. Wir haben eine Digitale Projektfabrik entwickelt. Die Software wird helfen, vergleichbare Beteiligungsverfahren in anderen Kommunen durchzuführen.
Unsere Erfahrungen stellen wir gern Stadtverwaltungen, Stadtentwicklern und zivilgesellschaftlichen Initiativen zur Verfügung. Wir können sowohl das ganze Zukunftsstadt-Verfahren übertragen, wie auch einzelne Bausteine: zum Beispiel einen einzelnen Workshop zur Findung von bürgerschaftlichen Projektideen und Projektteams.
Lassen Sie uns gern über Ihre Bedarfe und Vorstellungen sprechen!